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Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme, ETH Zürich
 
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Geschwindigkeiten in Steigungen und Gefällen

Auftraggeber

UVEK / ASTRA, VSS-Forschungsauftrag 1998/079

Autoren

Th. Koy
P. Spacek

Bezugsquelle

VSS-Sekretariat
Bericht Nr. 1054
Download (PDF 28.2MB)

Zusammenfassung

Ausgangslage

Das Geschwindigkeitsverhalten von Personenwagen und Lastwagen in Steigungen und Gefällen wurde in der Schweiz letztmals vor über 20 Jahren untersucht. Damals galt auf Strassen ausserorts die generelle Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Seit der Einführung der generellen Tempolimite von 80 km/h wurden keine umfassenden Erhebungen mehr durchgeführt. Bei den Lastwagen war die Notwendigkeit von neuen Erhebungen auch im Zusammenhang mit der vorgesehenen Zulassung von Fahrzeugen mit bis zu 40 Tonnen Gesamtgewicht begründet. Da die bei den bilateralen Verhandlungen mit der europäischen Union vereinbarten Lastwagenkontingente seit dem 1. Januar 2001 zugelassen sind, ging es zu Beginn dieser Arbeit (1999) auch darum, Erhebungen im Zustand "Vorher" (Gewichtslimite 28 Tonnen) durchzuführen. Die Einflüsse der erhöhten Gewichtslimite (bzw. der damit reduzierten, gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmotorisierung der schweren Motorfahrzeuge) auf das Geschwindigkeitsverhalten wurden im Sommer 2002 (Zustand "Nachher") durch entsprechende Messungen überprüft.

Forschungsziel

Die Aufgabe des vorliegenden Forschungsvorhabens bestand darin, die Veränderungen des Zusammenhangs zwischen Längsneigung und Geschwindigkeiten von Fahrzeugen zu ermitteln und dadurch allfällige Anpassungen der betreffenden Normen zu ermöglichen. Die Geschwindigkeiten in Steigungen und Gefällen betreffen direkt oder indirekt mehrere Projektierungsnormen. Im Vordergrund stand dabei die Norm "Zusatzstreifen in Steigungen und Gefällen" (SN 640 138a). Die Ergebnisse dieser Untersuchung basieren auf rund 40 Erhebungen im Verkehrsablauf auf Hochleistungsstrassen und auf Hauptstrassen ausserorts sowie auf ergänzenden Simulationsberechnungen.

Ergebnisse

Bei den Personenwagen (PW) zeigte sich bei den Geschwindigkeitsverteilungen von 1999 eine Homogenisierung gegenüber früheren Erhebungen (1978). Die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den schnellen (V85%) und langsamen (V15%) PW liegen unabhängig von den Neigungsverhältnissen bei rund 20 km/h, während sie 1978 ca. 5 - 10 km/h höher lagen. Zudem zeigte sich auf Steigungsstrecken, im Gegensatz zu Gefällsstrecken, eine leichte Abhängigkeit zwischen Längsneigung und Geschwindigkeit. Die angesprochene Homogenisierung ist primär auf die Reduktion der Geschwindigkeiten von schnellen PW zurückzuführen. Weiter konnte festgestellt werden, dass die Dauergeschwindigkeiten (VD) von PW in Steigungen bis zu einer Längsneigung von ca. 8 % tiefer liegen als 1978, und zwar bei kleinen Längsneigungen um bis zu 8 km/h. Erst bei sehr grossen Steigungen war eine leichte Zunahme zu verzeichnen. Diese Veränderungen lassen sich durch die herabgesetzte Tempolimite auf Strassen ausserorts erklären.

Bei den Lastwagen (LW) zeigten die Erhebungen von 1999 bei zunehmender Längsneigung eine klare Tendenz zur Abnahme der Geschwindigkeiten und damit einen deutlichen Zusammenhang zwischen diesen beiden Parametern. Die Geschwindigkeitsverteilungen der LW fielen dabei leicht weniger homogen aus als jene der PW. Dennoch haben sich 1999 gegenüber 1983 die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den schnellen (V85%) und langsamen, beladenen (V15%) LW ebenfalls deutlich verringert und damit das Geschwindigkeitsverhalten homogenisiert. Die Erhebungen von 2002 zeigten in Steigungen gegenüber 1999 eine leichte Zunahme der Geschwindigkeitsdifferenzen, in Gefällen konnte eine weitere Abnahme beobachtet werden. Bei den V15%, welche als Dauergeschwindigkeiten für beladene LW repräsentativ sind, konnten sowohl 1999 als auch 2002 teilweise sehr grosse Zunahmen gegenüber 1983 festgestellt werden. Die Messungen der V15% in Steigungen von 2002 lagen gegenüber 1999 leicht tiefer, während auf Gefällsstrecken eine weitere Zunahme beobachtet werden konnte. Die Abnahme der Dauergeschwindigkeiten 2002 von Lastwagen in Steigungen wies aber nicht das Ausmass auf, welches von verschiedenen Seiten im Vorfeld der Zulassung von LW mit bis zu 40t Gesamtgewicht befürchtet worden war.

Die Dauergeschwindigkeiten (VD) von freifahrenden LW lagen 1999 sowohl in Steigungen (im Mittel +13.7 km/h) als auch in Gefällen (zwischen +10 km/h bei kleinen und +16 km/h bei grossen Längsneigungen) deutlich höher als 1983. Die Erhebungen von 2002 zeigten gegenüber 1999 in Steigungen eine leichte Abnahme der Dauergeschwindigkeiten (im Mittel -3.8 km/h), während in Gefällen eine weitere Erhöhung der VD (im Mittel +4.8 km/h) zu verzeichnen war. Dennoch liegen die VD der LW in Steigungen heute (2002) um ca. 10 km/h über den Ergebnissen von 1983. Da die Tempolimite für LW nicht verändert worden ist, liegt der Grund für die Zunahme bei den Geschwindigkeiten einerseits in technischen Verbesserungen im Lastwagenpark und andererseits in der Tatsache, dass Transportunternehmer für den alpenquerenden Güterverkehr besser motorisierte Fahrzeuge zur Verfügung stellen, welche damit weit über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestnutzleistung von 5.0 KW/t liegen. Diese Vermutung konnte durch die Auswertung der dynamischen Gewichts-Messungen (WIM) am Gotthard bestätigt werden.

Die statistischen Auswertungen bzgl. des Lastwagenparks in der Schweiz haben gezeigt, dass seit der Einführung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) die Zahl der Lieferwagen (+5.4%) und vor allem die der Schwerfahrzeuge mit Anhänger (+11.6%) deutlich zugenommen hat. Bei den Betriebsgewichten der in der Schweiz zugelassenen Nutzfahrzeuge konnte nach Einführung der LSVA bei den LW über 26t eine Zunahme von knapp 11% festgestellt werden, während in den kleineren Gewichtsklassen eine Abnahme zu beobachten war.

Die WIM-Auswertung zeigte für den Nord-Süd-Verkehr im Sommer 2002 eine deutliche Zunahme bei der Anzahl und dem Anteil von Nutzfahrzeugen mit Betriebsgewichten über der alten Gewichtslimite von 28t gegenüber der Vergleichsperiode im Jahr 1999 (beispielsweise am Gotthard von 6.5% auf 19%). Eine Abschätzung der Weiterentwicklung dieses Trends veranlasste die Forschungsstelle, die für die Normung zu Grunde zu legenden Dauergeschwindigkeiten in Steigungen um 10% gegenüber den Ergebnissen von 2002 zu reduzieren.

Zur Verifizierung der empirischen Messergebnisse wurden Simulationsberechnungen durchgeführt. Simuliert wurden Verzögerungs- und Anfahrvorgänge von LW mit unterschiedlichen Nutzleistungen und Hinterachsübersetzungen in verschiedenen Längsneigungen. Anhand einer Gegenüberstellung von empirischen und simulierten Werten konnte ein neuer Bemessungslastwagen festgelegt und ein Normvorschlag für die Dauergeschwindkeiten von Lastwagen ausgearbeitet werden. Zudem wurde ein Vorschlag für neue Geschwindigkeitsprofile von Lastwagen in Steigungen und Gefällen für die eingangs erwähnte Norm entwickelt (vgl. Abb.). Der neue Bemessungslastwagen beruht auf einer spezifischen Nutzleistung von 11.1 PS/t.


Geschwindigkeiten von langsamen Lastwagen in Längsneigungen für Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge
Geschwindigkeiten von langsamen Lastwagen in Längsneigungen für Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge


In einem letzten Schritt wurden weitere Grundlagen zur Anpassung der bestehenden VSS-Norm "Zusatzstreifen in Steigungen und Gefällen" erarbeitet. Bei den fahrdynamischen Kriterien zur Beurteilung der Notwendigkeit von Zusatzstreifen drängen sich Anpassungen bzgl. der Quotienten zwischen VPW und VLW auf. Bei den verkehrstechnischen Kriterien ergibt sich ebenfalls ein Anpassungsbedarf. Hier lehnt sich der Vorschlag für ein neues Modell an das deutsche Handbuch für die Bemessung von Strassen (HBS 2001) an und berücksichtigt verschiedene Steigungsklassen, Kurvigkeitsklassen und Verkehrsqualitätsstufen.

 

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